Ungewöhnlichkeit der Entscheidung


Ich erinnere mich an eine alte Geschichte, dass ich damals allein in den Süden gereist bin, vermutlich auf die Kanareninsel Fuerteventura. Es war ein entspannter Urlaubsort, an dem das Leben leicht erschien und man fast vergessen konnte, dass der Alltag irgendwann wieder Einzug hält. Es war ein Club, einer dieser Orte, an dem man schnell Leute kennenlernte, die Deutsch sprachen, und wo man sich einfach unterhalten konnte.

Dort traf ich eine junge Frau, die ich vorher nicht kannte, eine Mutter mit einem kleinen Kind. Sie hatte wohl Probleme, ihr Partner machte ihr das Leben schwer. Es kam zu einem ernsten Moment, in dem ich eingriff, die Situation regelte und schließlich dafür sorgte, dass er den Club verließ und nach Hause flog. Ich glaube, das war für sie ein befreiender Moment.

Kurze Zeit später traf ich auf ein weiteres Paar, das mich ansprach. Die beiden schienen so um die gleiche Altersgruppe zu sein und ich dachte erst, dass sie vielleicht ein passendes Paar sein könnten. Nach ein paar Gesprächen stellte sich aber raus, dass sie Geschwister waren. Die Schwester hat immer wieder das Gespräch mit mir gesucht. Sie war klug, charismatisch und durchaus hübsch. Ihre Art faszinierte mich und ließ mich aufhorchen. Ich dachte mir: Da müsste doch mehr drin sein.

Zur gleichen Zeit hatte ich inzwischen einen sehr guten Draht zur jungen Mutter. Wir verbrachten viel Zeit miteinander und ich hatte das Gefühl, dass ich sie in dieser kurzen, intensiven Urlaubszeit beschützen müsste. Irgendwann saßen wir alle gemeinsam am Tisch und ich dachte, ich sollte mal erklären, warum ich so reagierte, wie ich es tat. Ich sagte ihr, dass ihr Kind mein Patenkind ist. Dabei merkte ich, dass sie enttäuscht war. Für sie war ich mehr als nur ein Urlaubsfreund. Vielleicht hat sie sich ja eine Art Beziehung oder zumindest eine Schutzfigur erhofft, jemand, der ihr und ihrem Kind Stabilität geben könnte. Ich habe beobachtet, dass sie in meiner Nähe ruhiger und entspannter wurde und tatsächlich glücklich schien. Das war ein ziemlich ungewöhnliches Erlebnis für mich. Es hat mir gezeigt, wie tief manche Verbindungen in kurzer Zeit wachsen können. Und wie schnell sich Erwartungen und Hoffnungen entwickeln können, selbst in einem kurzen Moment der Ruhe und des Aufatmens.

Die Tage im Club vergingen wie im Flug, und ich fand mich immer wieder zwischen diesen beiden Frauen, die unterschiedlicher nicht hätten sein können. Da war die junge Mutter, die voller Verletzlichkeit war, aber trotzdem stark. Sie trug die Verantwortung für ihr Kind auf schmalen Schultern, und meine Anwesenheit gab ihr Kraft. Es war offensichtlich, dass sie gerade eine schwierige Phase durchlief. Auch wenn sie irgendwann wieder zu ihrem Partner oder einem anderen jungen Mann finden würde, konnte ich sie jetzt nicht einfach allein lassen. Ich hatte irgendwie das Gefühl, dass sie auf mich zählte. Ich glaube, sie hat in diesen Tagen etwas Halt und Stabilität in mir gefunden, die ihr die notwendige Ruhe gaben.

Gleichzeitig fand ich die andere Frau, die in meinem Alter war, auch ziemlich ansprechend. Sie war echt clever, selbstbewusst und hatte so eine Art Humor und Leichtigkeit, die unsere Gespräche richtig belebt und erfrischt hat. Es gab einfach so einen natürlichen Fluss zwischen uns, so ein Gefühl, das auf lange Sicht Bestand haben könnte. Sie wäre vermutlich die vernünftigere Wahl gewesen, und ich wusste, dass wir auf Augenhöhe waren. Trotzdem war sie nicht so dringend wie die junge Mutter. Sie war zwar auch ziemlich interessant, aber irgendwie nicht so, dass ich sie unbedingt jetzt und sofort unterstützen müsste.

Ich war also hin- und hergerissen. Ich hatte das Gefühl, dass ich für die junge Frau mit Kind verantwortlich war, quasi als hätte ich eine Verpflichtung übernommen. Ich hatte das Gefühl, dass es genau das Richtige war, sie zu unterstützen. Sie brauchte nicht nur jemanden, der ihr zuhört, sondern auch jemanden, der ihr zeigt, dass sie diese Phase nicht allein durchstehen muss. Ich hatte irgendwie so eine Art Fürsorge für sie entwickelt, die nicht mit romantischen Absichten angefangen hat, sondern durch ihr Vertrauen und die Nähe, die sie zuließ, immer mehr gewachsen ist.

Aber ich habe gemerkt, dass die Frau in meinem Alter – unabhängig und charismatisch – langfristig gesehen vielleicht die bessere Wahl für mich sein könnte. Es war eine Entscheidung zwischen einer sofortigen Verpflichtung und einem potenziellen Zukunftsglück. Aber in dem Moment war mir klar, dass ich mich für die junge Mutter und ihr Kind entscheiden würde, auch wenn das bedeutete, dass ich später vor einer neuen Entscheidung stehen würde. Vielleicht bin ich dann allein.

Ein verrücktes Leben!