Unsere Reise ins wilde Herz Sachsen-Anhalts


Unsere Reise ins wilde Herz Sachsen-Anhalts startete voller Vorfreude und einem Schuss kindlicher Abenteuerlust. Meine beiden Töchter und ich hatten beschlossen, nicht nur irgendeinen Berg zu besteigen – nein, es musste der Brocken sein! Der höchste Berg des Harzes ist 1141 Meter hoch. Er ist sehr mystisch und geschichtsträchtig. Außerdem kann das Wetter dort sehr schnell wechseln. Schon die Fahrt dorthin versprach einiges: Je näher wir dem Harz kamen, desto mehr Geschichten gab es über den sagenumwobenen Gipfel zu hören. Es heißt, dort hausen Hexen, Geister und all die Wanderer, die nie zurückgekehrt sind. Aber wir wären ja nicht wir, wenn uns das abgeschreckt hätte.

Nach unserer Ankunft stellten wir fest, dass der normale Wanderweg für uns zu langweilig war. Wir entschieden uns für einen Pfad, der wohl eher ein Überbleibsel aus der Steinzeit war. Er war nur erkennbar durch die gelegentlichen Fußspuren anderer Abenteurer, die ihn für eine Abkürzung hielten. Die Wege wurden zunehmend steiler und der Harz zeigte uns all seine Tücken: rutschige Steine, umgestürzte Bäume und Gestrüpp, das wohl beschlossen hatte, sich mit unseren Jacken zu verewigen. Doch mitten in unserem Fluchen über die Unebenheiten des Weges tauchte er plötzlich auf – der Mann.

Der geheimnisvolle Typ, den wir auf halber Höhe des Brockens getroffen haben, war kein normaler Spaziergänger. Der Typ war groß, schlank und schien gegen jede Witterung immun zu sein. Er stellte sich als "Brocken-Benno" vor. Der Titel passt perfekt zu ihm. Dieser Mann erklomm tatsächlich jeden Tag zu Fuß den Brocken – bei Wind und Wetter, bei Schnee und Regen, bei Hitze und Hagel. Sein Gesicht wirkte wie aus Stein gemeißelt, die Augen blickten verschmitzt. Er erzählte uns in einem Tonfall, als wäre das alles das Normalste der Welt. "Wenn man's oft genug macht, verliert der Brocken seine Höhenmeter", meinte er schmunzelnd und ging davon, bevor wir auch nur richtig begreifen konnten, was er da gerade gesagt hatte. Ein Typ, so unerschütterlich wie der Berg selbst – und wir hatten ihn getroffen!

Nach dieser überraschenden Begegnung fühlten wir uns wie Helden und erreichten schließlich den Gipfel. Von oben bot sich uns ein atemberaubender Anblick – zumindest bis wir merkten, dass uns vor lauter Begeisterung der Wind fast vom Berg fegte. Der Harz präsentierte sich in den schönsten Farben, und am Horizont konnten wir sogar einen Regenbogen erkennen. "Hier ist es wirklich wie im Märchen", sagte eine meiner Töchter, und ich musste lachen. Der Brocken mit seinen legendären Hexen und Geistern hatte uns wohl in seinen Bann gezogen.

Nachdem wir uns kurz Zeit genommen hatten, um die schöne Aussicht zu genießen, machten wir uns schließlich auf den Weg zu unserer Unterkunft, die uns als "Schmuckstück mitten in der Natur" angekündigt worden war. Wie sieht die Realität aus? Nun, das "Schmuckstück" entpuppte sich als eine Zeitreise zurück in die 70er-Jahre – und nicht als eine Reise in die hippen 70er, sondern in eine Zeit, in der man auf Matratzen schlief, die wahrscheinlich schon Goethe gekannt hatte. Wie sieht es mit der Dusche aus? Das Wasser kommt eher als sanftes Tröpfeln als als richtiger Wasserstrahl. Wie sieht es mit der Küchenzeile aus? Ich würde es eher als "minimalistisch" bezeichnen, wobei das noch höflich ausgedrückt ist. Die "romantische Beleuchtung"? Eine Glühbirne, die an einem Kabel von der Decke hing, schwankend wie ein alter Piratenleuchter. Es gab keine Spülmaschine und die Kaffeemaschine machte auch keinen mehr ganz frischen Eindruck.

Aber wir wären nicht wir, wenn wir uns davon hätten den Spaß verderben lassen! Also haben wir die Situation einfach umgedreht: Wenn mal wieder was nicht funktionierte, haben wir uns einfach darauf geeinigt, dass wir gemeinsam überlegen, wer die kreativste Lösung dafür findet. Kein warmes Wasser? Dann machen wir eben ein kaltes Abenteuer am Waschbecken! Keine Kaffeemaschine? Dann nehmen wir eben Tee – sozusagen die britische Variante des Überlebens. Und jedes Mal, wenn wir über einen schiefen Schrank oder einen rostigen Wasserhahn stolperten, mussten wir lachen und bezeichneten es als "Vintage-Charme".

Nach unserer Reise war der Brocken bezwungen, das "Schmuckstück" entlarvt und wir hatten jede Menge Geschichten zu erzählen, die man so wohl nur auf dem Brocken erleben kann. Die Begegnung mit dem legendären Brockenmann, das Gefluche über Steine und Sträucher und die schrullige Unterkunft – all das machte diese Reise einmalig. Wir haben gelernt, wie wir mit Herausforderungen umgehen, und dabei jede Menge Humor entwickelt. Der Harz hatte uns gefordert, verwöhnt und schlussendlich als Sieger wieder entlassen. Und wir wussten: Solange wir zusammen lachen können, sind uns weder hohe Berge noch wackelige Betten gewachsen.